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Seelenbalsam auf vier Hufen
Die Reittherapie von Alexandra Szabo tut Kindern und Erwachsenen gut
Katrin Schreiber 23.11.2021 | Stand 22.11.2021, 22:16 Uhr
Metten. Ein Pferd kann in der Seele eines Menschen lesen. Es spürt seinen Herzschlag aus einem Meter Entfernung und weiß auch die
Körperhaltung zu deuten, sagt Reittherapeutin Alexandra Szabo. Ihr Mantra:"Sei wie Du bist." Denn vor dem Tier kann man sich nicht
verstellen. Es spürt, wer traurig, fröhlich, ängstlich oder aggressiv ist. Es vermittelt Geborgenheit und wirkt heilsam – nicht nur für den
Körper.
Ronaldo, sieben Jahre alt, macht sich über all das nicht so viele Gedanken. Er ist einfach, wie er ist, und er weiß: Der schwarz-weiß
gescheckte Faro ist sein lieber Freund. Der St.-Notker-Schüler strahlt über das ganze Gesicht, wenn er bei dem verschmusten Pferd sein
darf. Ronaldo kommt einmal pro Woche auf den Hof von Alexandra Szabo zwischen Berg und Egg. Seit April bietet die 36-Jährige dort
Reittherapie für Kinder und Erwachsene mit psychischen Erkrankungen an. Und die Nachfrage ist groß.
Ein Pferd kann die Seele lesenund die Körpersprache
deuten– damit arbeitet Reittherapeutin Alexandra Szabo.
Ronaldo hat schon jetzt große Fortschritte gemacht, erzählt der Vater des Buben mit Down-Syndrom."Er hat ein großes Selbstvertrauen
entwickelt und Ängste überwunden." Mehr noch, er übernehme Verantwortung: Beim Einkaufen kümmere sich der Bub ohne
Aufforderung darum, dass Karotten und Äpfel für die Pferde mitgenommen werden.
Für seinen Faro macht der zuckersüße Bub das gern. Zusammen mit der Reittherapeutin erledigt er überhaupt alles rund ums Pferd mit
einem Strahlen: Zuerst striegeln beide gemeinsam das geduldige Tier, dann legen sie ihm das Zaumzeug an und eine Decke auf den
Rücken. Vom Podest aus aufsteigen kann Ronaldo inzwischen ohne Hilfe.
Ronaldostrahltübers ganze Gesicht, wenner auf seinem guten Freund Farositzen darf. Hatte er am Anfangnoch Angst, wennsich das Pferd bewegte, kannerheute schonganz selbstbewusst die Armeheben. −Fotos: Schreiber
Die Beweglichkeit wird in der Therapie oft besser, erklärt Alexandra Szabo, und der Pferderücken schult den Gleichgewichtssinn.
Ronaldo hatte zum Beispiel am Anfang Angst, das Tier durfte sich unter ihm keinesfalls bewegen. Heute sitzt er sicher und selbstbewusst
drauf, kann dabei sogar beide Arme in die Höhe recken. Und das Wichtigste: Zwischendurch immer mal wieder an den Pferdehals
kuscheln, streicheln, die Wärme und den Geruch genießen."Das tut unglaublich gut", so geht es Alexandra Szabo ja selbst.
Die gebürtige Ungarin war in ihrer Heimat Synchronschwimm-Trainerin, unterrichtete Pilates und Yoga. Die Leidenschaft für Pferde, die
den Ungarn ja quasi in die Wiege gelegt ist, konnte sie nie so richtig ausleben.
Vor acht Jahren kam sie mit ihrem damaligen Mann, mit Sohn Bence (heute 12) und Tochter Emese (heute 9) nach Deutschland. Das
Schwimmtraining hat sie nicht mehr erfüllt, und sie hat vieles neu ausprobiert. Als sie im elypso Mädchen zu kleinen Meerjungfrauen
machte, lernte sie ihren heutigen Partner Michael Schnelldorfer kennen, der damals ebenfalls im Bad arbeitete.
Während die Synchronschwimmerin bei den Barmherzigen Brüdern in Straubing ihre Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin
absolvierte, bauten beide ihre Ranch auf – für Michael Schnelldorfer ein völlig neues Thema und inzwischen auch seine Leidenschaft. Seit
2019 leben die beiden in ihrem Häuschen in Hochweid und richten dort nach und nach alles her. Gerade wird eine Fläche für den
Parkplatz und einen größeren Unterstand geebnet, denn der bestehende Reitplatz unter freiem Himmel ist doch sehr wetterabhängig.
Mit auf dem Hof leben eine ganze Schar Hühner, die bei den Therapie-Kindern natürlich immer gut ankommen. Zur Familie gehört auch
Viszla Bajmok – wie fast alle auf dem Hof hat auch der Hund einen ungarischen Namen.
Vor fünf Jahren hat sich Alexandra Szabo den Traum vom ersten eigenen Pferd erfüllt. Der damals sechs Monate alte Taltos, ein stolzer,
glänzend schwarzer Friesenhengst, kam auf die Ranch. Mit ihm arbeitet nur die 36-Jährige selbst."Er ist mein Seelenverwandter",
schwärmt sie.
Heute leben noch zwei weitere Friesen – beides Stuten – bei der Familie, außerdem Herzceg, ein in Ungarn aus schlimmen Verhältnissen
gerettetes Pferd."Er hat etwas in der Seele", erklärt die Therapeutin – seine Vergangenheit hat Herzceg geprägt. Er verstehe sich gut mit
den Klienten, die zur Therapie kommen."Wer Depressionen oder ein Trauma hat, macht bei ihm richtig auf", beobachtet die Therapeutin.
Zu ihr kommen auch Kinder und Erwachsene mit posttraumatischen Belastungsstörungen, Borderline-Syndrom, Lern- oder
Konzentrationsstörungen, geistigen oder körperlichen Behinderungen, Entwicklungsverzögerungen, Bindungsstörungen, Autismus,
Ängsten, Burnout, Psychosen, Essstörungen oder anderen psychische Problemen.
Wie man sie mit dem Tier vertraut macht und wie man sie mit der Therapie unterstützen kann, hat Alexandra Szabo in der Horse Spirit
Akademie nahe dem Starnberger See gelernt – seit April darf sie als Reittherapeutin arbeiten. Neben Herzceg ist bisher vor allem der
sechsjährige Faro ihr Therapiepferd. Seine Rasse, Tinker, zeichnet sich durch die Ruhe und Geduld der Tiere aus. Bei Faro kommen die
Klienten selbst zur Ruhe. Die Therapie soll außerdem die motorische, sensorische, sprachliche und emotionale Entwicklung unterstützen.
Sie hilft, Stress und Ängste abzubauen, die Frusttoleranz zu steigern, die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit zu stärken.
Verantwortungsbewusstsein und Einfühlungsvermögen werden zudem geschult.
Das Pferd hilft auch, das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zu stärken. Kinder und Erwachsene lernen unter Alexandra Szabos
Anleitung, zum Tier auch mal"Nein" zu sagen – und das mit ihrer Körperhaltung auch klar zu machen. Für solche Lerneffekte ist vor allem
die Bodenarbeit geeignet, bei der das Pferd an der Longe geführt wird. Die größte Bedeutung hat es für die Therapeutin aber, dass die
Menschen vom Pferd bedingungslos so angenommen werden, wie sie sind."Was die Pferde den Menschen seelisch geben können, das
glaubt keiner."
Katrin Schreiber